Abstract | Über Jahrhunderte war die Bibliothek in ihrem Dienstleistungsangebot primär auf die eigene Sammlung fixiert. Mit dem Aufkommen der digitalen Information, der Entwicklung des Internet und der Herausbildung der sog. Hybridbibliothek erfolgte ein Paradigmenwechsel: An die Stelle der traditionellen Bestands- und Medienorientierung trat das neue Paradigma einer primären Service- und Nutzerorientierung. Der Sammlungsbegriff erlebt eine Erweiterung in dem nun auch lizenzierte (digitale) Medien zum "Bestand" einer Bibliothek gezählt werden. Das vermehrte Publizieren im Wege des Open Access stellt die grundlegende Funktion der Sammlung – und damit der Bibliothek –, nämlich dauerhaft Zugang zur Information zu schaffen, radikal in Frage. Vor diesem Hintergrund und der Tendenz, dass sich in der all-digital-world von morgen das Sammlungsobjekt radikal verändern wird – der Text und damit die klassische Publikation als dominierende Form der Informationsvermittlung im Wissenschaftsbetrieb dankt zu Gunsten einer neuen Hegemonie des Bildes und/oder multipler Darstellungs- bzw. Wissensvermittlungsformen ab – müssen auch der Sammlungsgedanke und die Art des Bestandsaufbaus neu gedacht werden. Das Schlagwort heißt hier künftig: radikale Arbeitsteilung. Nur noch wenige, bevorzugt große und besonders leistungsfähige Bibliotheken werden sich überhaupt der systematischen Sammlung von "Content", welcher Art und in welcher Form auch immer, widmen. Diese Sammlungen werden jedoch global und spartenübergreifend, d. h. in Abstimmung nicht nur mit anderen Bibliotheken, sondern auch den anderen Gedächtniseinrichtungen, wie Archiven und Museen gepflegt werden. Die durchschnittliche wissenschaftliche Bibliothek, d. h. vor allem die Hochschulbibliotheken werden sich mit viel bescheideneren, eng am tatsächlichen Bedarf der jeweiligen Klientel orientierten (digitalen) Sammlungen bescheiden müssen. Eine Aufwertung erfahren die Sondersammlungen auch auf lokaler Ebene, sofern sie einzigartiges Sammelgut enthalten. Damit können auch kleinere Einrichtungen mittels ihrer Repositorien zu dem sich entwickelnden, weltweiten open access-dominierten „Sammlungsmosaik“ beitragen. Parallel dazu werden sich ausgewählte Bibliotheken in sog. virtuellen Forschungsumgebungen engagieren. Dies verlangt jedoch von ihnen, ein deutlich erweitertes und am konkreten Bedarf des jeweiligen Forschungsvorhabens orientiertes Dienstleistungsportefeuille aufzubauen, wobei die Sammlung und Vorhaltung von Information nur ein Teil der erwarteten Gesamtleistung sein wird. Fazit: Welches Schicksal die Bibliotheken als Institution auch nehmen werden, ihre Sammlungen und ihre Sammelaktivität werden auch in der Welt von morgen gefragt sein. |