Abstract | Keine westliche Regierung, kein Unternehmen, keine politische Institution kann es sich gegenwärtig leisten, ohne Transparenzversprechen aufzutreten. Wenn überhaupt können sie Informationen in Aussicht stellen. Das Wort Transparenz, das seit gut 20 Jahren eine ungeheure Karriere im politischen Diskurs erlebt hat, ist eine Metapher. Das Bild suggeriert, dass sich vor den Augen der Beobachter eine reine durchsichtige, hindernislose Welt entfaltet, dass nunmehr Einblick in Staatsgeheimnisse, in Unternehmensinterna, ja in die intime Welt der Menschen gewährt werde. Bisweilen scheint es so, als hätten Geheimdienste und Social Media einen solchen Durchblick längst erreicht. In einer solchen Lage ist es angebracht, daran zu erinnern, dass dieses Versprechen der Transparenz überhaupt die abendländische Geschichte begleitet. Bereits die Antike spielte mit dem Gedanken, dass eine völlige Durchsichtigkeit der Menschenherzen die Übel auf dieser Welt beseitigen könnte. Und seitdem arbeiten Kirchenmänner, Philosophen, Schriftsteller, politische Führer an der Verwirklichung dieses Versprechens, das im Kontext des Tagungsthemas nur paradox als „untrue fiction“ bezeichnet werden kann. Jeder weiß, dass es Transparenz nicht geben kann, jeder aber muss davon sprechen, es fordern, es anbieten: Wenn aber alles gewusst wird, ist es kein Wissen mehr. |